Im letzten „Nachgekocht“-Post habe ich angekündigt, dass ich einmal die Woche von meiner vierwöchigen Vietnam-Reise und meinen Streetfood-Erfahrungen berichten werde. Das erste kulinarische Lebenszeichen kommt heute direkt aus Hanoi und natürlich habe ich Tom Vandenberghes Buch „Vietnam Streetfood“ auf Herz und Nieren getestet:
Spät am Abend, nach einem gefühlt dreitägigem Flug kommen wir hundemüde aber erleichtert am Hanoier Flughafen Bai Hoi an und feilschen um ein Taxi. Im Gegensatz zu Tom Vandenberghe wird unsere Fahrt zum Hotel keine „Beinahefahrt in den Tod“ – im Gegenteil – wir sind überrascht wie entspannt ruhig die Straßen sind. Von unserer Indien-Reise waren wir einiges gewohnt. Aber auch Tết, das vietnamesische Neujahrsfest ist der Grund für den fast geordneten Verkehr: Zu diesem Familienfest fahren viele Vietnamesen nach Hause um den wichtigsten nationalen Feiertag des Landes im Kreise der Familie zu feiern.
Nachdem wir unser Gepäck im Hotelzimmer verstaut haben, ziehen wir los um die Gegend zu erkunden und natürlich unser erstes Streetfood-Erlebnis zu machen. Unser Hostel liegt in der Altstadt, in der Nähe des Hoan-Kiem-Sees, also ist er unser erstes Ziel. Auf dem Weg sehen wir vereinzelte Garküchen von denen Dampf in die dunkle Nacht aufsteigt. Am See angekommen bewundern wir die glitzernde Beleuchtung, farbenfrohe Girlanden und Lampions, Frauen, die Papaya und Ananas mit Chili, Popcorn, Eis oder kleine auf Zwiebeln gegrillte Würstchen verkaufen.
Auf dem Weg zurück zum Hotel kommen wir an einem gut besuchten Lokal vorbei, davor türmen sich blecherne Kochtöpfe, Nudeln, Fleisch und Kräuter – wir beschließen eine Phở zu essen und schlürfen einige Minuten später auf winzig kleinen Plastikhockern sitzend eine dampfende Nudelsuppe. Wir sind angekommen!
Die Suppe schmeckt gar nicht viel anders als unsere selbstgekochte, aber in dieser Umgebung – bei Neonlicht an niedrigen Tischchen hockend, umgeben von Kochtöpfen und auf dem Boden liegenden Papierservietten – schmeckt die Suppe ein bisschen abenteuerlicher.
Unsere europäischen Vorstellungen von Hygiene lassen wir zu Hause, wir haben schon in Indien, aus Angst um unsere empfindlichen Mägen, zu viel verpasst. Diesmal machen wir es richtig, wir probieren einfach alles, komme was da wolle!
Am nächsten Morgen geht unsere (kulinarische) Entdeckungsreise weiter, wir folgen Toms Empfehlung und suchen das Xoi Yen um dort Xôi Xéo Gà (Klebreis mit Huhn) zu frühstücken. Ich will unbedingt testen, wie das Gericht in Vietnam schmeckt, nachdem ich es neulich nachgekocht habe. Leider gibt es unser Wunschgericht nicht. Wir bleiben trotzdem sitzen und bekommen Banh Cuon, kleine Reisteigcrêpes, die über Dampf auf einer Art rundem Korb gegart und danach mit einer Mischung aus Hackfleisch und Shiitakepilzen zu kleinen Röllchen geformt werden. Dazu wird Koriander, Minze und eine süße Nuoc Cham, in der vietnamesische Schweinswurst schwimmt, gereicht. (Nuoc Cham, die zu Banh Cuon serviert wird, soll zusätzlich mit dem Düsensekret eines Wasserkäfers aromatisiert sein).
Adresse
Xoi Yen
Nr. 35b Nguyen Huu Huan
Old Quarter
Geöffnet von 11.00 bis 21.00 Uhr
Auf unserem Spaziergang durch die Altstadt sehen wir an jeder Ecke dampfende Kessel, qualmende Grills, Muscheln, Fisch, Garnelen, Fleisch in allen Variationen, getrocknete Früchte, Baguettes, grün leuchtende Kräuter und bunte Früchte – Hanoi ist eine riesengroße Freiluft-Küche. Egal wo man hinsieht, überall, wirklich überall wird gebrutzelt und gegessen: Mitten auf der Straße, im dicksten Feierabendverkehr, Nachts und bei Tageslicht, bei Regen und Sonnenschein. Beeindruckend!
Wir schlendern zum Hoan-Kiem-See, um ihn noch mal bei Tageslicht zu sehen und essen dabei eine Art Snickers am Stiel (eine süße klebrige Masse, die um 2 Holzstäbchen gewickelt und dann in Erdnüsse getunkt wird) und laufen über die Brücke zum Den Ngoc Son (Jadeberg-Tempel).
Danach schlängeln wir weiter kreuz und quer durch die kleinen Gassen Altstadt, fragen uns, ob Hanoi auch so ruhig sein wird wenn Tết vorbei ist, ärgern uns, dass die Hälfte der Garküchen und Restaurants die Tom in seinem Buch empfiehlt, wegen Tết geschlossen sind und freuen uns umso mehr, dass wir die deutschen Übersetzungen aus dem Buch als Wegweiser durch die vielfältige vietnamesische Küche nutzen können. Als wir an einem Stand vorbei kommen, an dem Bún Bò Nam Bở (Reis Vermicelli mit Rindfleisch) zubereitet wird, müssen wir wieder eine Pause einlegen. Auch dieses Gericht habe ich zu Hause schon nachgekocht und ich war gespannt wie mir es vor Ort schmecken würde: Nuoc Cham (verfeinerte vietnamesische Fischsauce) mit Reis-Vermicelli (dünne Reisnudeln), Rindfleisch, Salat, Gurke, Koriander, Minze, Sojasprossen, frittierte Zwiebeln und zerstoßene Erdnüsse – Aroma pur!
Die Schüssel ist schnell leergegessen, denn wir bestellen immer nur eine Portion, um so viel wie möglich probieren zu können. Toms Rezepte sind absolut authentisch, es war meiner nachgekochten Variante sehr ähnlich und ich freu’ mich jetzt schon darauf all die anderen Rezepte am eigenen Herd zu testen.
Wenn nicht gerade Tết ist, findet man die passende Garküche auch hier:
Adresse
Nhà Hàng Bach-Phuong
Nr. 67 Hàng Điởu
Old Quarter
Schräg gegenüber des Marktes Dong Ha Geöffnet von 11.00 bis 16.00 Uhr
Der zweite Teil des Mittagessen wird Nom Luon (Salat mit frittiertem Aal). Sehr speziell aber unglaublich lecker!
Wir schlängeln uns weiter durch die engen Gassen, durchqueren die Straße der Zuckerrohrsäfte (Nuoc Mia), besuchen Tempel, alte Häuser und kommen irgendwann an einer Bia-Hoi-Bude an, die auch Tom in seinem „Kulinarischen Rundgang durch die Altstadt“ erwähnt. Wir setzten uns zu den anderen Gästen, schlürfen ein erfrischendes Bier und beobachten den bunten Trubel auf der Straße. Unser Bier kostet allerdings nicht wie im Buch beschrieben 2000, sondern 10 000 Dong. Das Feilschen müssen wir noch mal üben …
Das Bier macht hungrig, deswegen beschließen wir unseren ersten Tag in Vietnam mit einem Bành Mỳ Pâté Trứng zu feiern (ich hab ja schon mal erwähnt, dass wir seit Paris Bành Mỳ-süchtig sind). Toms Empfehlung, das Ngyen Sinh, hat leider auch wegen Tết geschlossen, aber Bành Mỳ gibt es überall und so werden wir schon an der nächsten Straßenecke fündig. Das Brot wird hier in einem kleinen Miniofen unter Holzkohlefeuer knusprig aufgebacken und dann mit allerlei Köstlichkeiten belegt: Pastete, Wurst, Hühnchenfleisch, eingelegter Rettich und Möhren, Koriander und Chilisauce. DAS Brot muss ich zu Hause unbedingt nachbacken, es schmeckt völlig anders als Baguette das man in Deutschland kaufen kann. Im Plötzblog, habe ich auch schon ein passendes Rezept gefunden.
Damit die Daheimgebliebenen nicht gleich den Bildschirm abschlecken, habe ich hier Toms Variation des Bành Mỳ-Rezepts für Euch. Und im nächsten Teil der „Kulinarischen Reisepost aus Vietnam“ versuchen wir Zugtickets für Hue zu kaufen, besuchen ein Buffetrestaurant in dem es zahlreiche Garküchen-Gerichte unter einem Dach gibt und fahren auf eine für unseren Geschmack etwas zu spießige Bootstour bei Regen durch die Halong-Bucht.
Lasst es euch schmecken!
Bánh Mỳ Pâté Trứng – Baguette mit Omelette-Pasteten-Füllung
Zutaten
2 Eier
50 g Pastete
2 EL Pflanzenöl
2 Baguettebrötchen oder 1 normales Baguette, halbiert
Butter zum Bestreichen
100 g vietnamesische Schweinswurst (Gio lua; im Buch gibt es ein Rezept, wie man diese Wurst selbst herstellen kann, man bekommt sie bei uns hin und wieder in Asialäden, ersatzweise kann man eine Mortadella-ähnliche Wurst nehmen)
1 Handvoll eingelegtes Rettich-Möhren-Gemüse (Rezept s.u., solch eingelegtes Gemüse bekommt man häufig auch fertig im Asialaden)
1 Handvoll Gurke, geputzt und in lange Julienne geschnitten
1 Handvoll Koriander, Blätter und Stängel
Chilisauce (wahlweise)
Salz und schwarzer Pfeffer, frisch gemahlen
Zubereitung
- Eier in einer Rührschüssel verquirlen, Pastete zerkrümeln und mit den Eiern mischen. Öl in einer kleinen Pfanne erhitzen und aus der Ei-Mischung ein Omelette backen.
- Baguettebrötchen kurz unter dem Grill des Backofens erwärmen, damit sie knusprig werden.
- Brötchen halbieren und eine Hälfte mit ein wenig Butter bestreichen. Omelette zusammenfalten und das Baguette damit belegen.
- Mit vietnamesischer Schweinswurst, eingelegtem Rettich-Möhren-Gemüse, Gurken und Koriander garnieren. Je nach Geschmack mit Chilisauce beträufeln und mit Salz und Pfeffer würzen.
Tipp von Autor Tom Vandenberghe:
Probieren Sie Banh My mit gegrilltem Rindfleisch, gegrilltem Hähnchen oder Tofu … Eine gute Website für Variationen mit Banh My ist: http://battleofthebanhmi.com.
Củ Cải Cà Rốt Chua – Eingelegtes Rettich-Möhren-Gemüse
Chua ist das vietnamesische Wort für „sauer“, wie bei Essig oder Limette, und bezieht sich in diesem Gericht auf das Einlegen des Gemüses. Knackiger, eingelegter Daikonrettich ist eine beliebte Beilage zu vielen Gerichten, beispielsweise zu Banh My (belegte Brötchen).
Zutaten
2 Möhren, geschält und in Julienne geschnitten
1 mittelgroßer Daikon-Rettich, geschält und in Julienne geschnitten (ein in der japanischen und ostasiatischen Küche verwendeter Rettich, der unserem weißen, großen Rettich entspricht)
1½ TL grobes Salz
5 EL Zucker
¼ l Reisessig
Zubereitung
- Möhren und Daikon-Rettich mit Salz bestreuen, um die überschüssige Flüssigkeit herauszuziehen. 30 Minuten stehen lassen und dann unter laufendem Wasser abspülen.
- Eine Portion Rettich und etwas Möhren-Julienne auf ein Küchentuch legen und die Feuch-tigkeit herausdrücken. Mit den restlichen Möhren und dem restlichen Rettich ebenso verfahren. Möhren und Rettich sollten keine Feuchtigkeit mehr enthalten. So bleibt das eingelegte Gemüse auf jeden Fall knackig.
- Zucker und Essig im Topf bei niedriger Hitze einkochen. Topf von der Herdplatte nehmen und abkühlen lassen.
- Möhren und Rettich in ein gut verschließbares Gefäß füllen und mit der Essig-Zucker-Mischung übergießen. Deckel fest verschließen und das Gefäß für mindestens 2 Wochen in den Kühlschrank stellen.
Ariane ist Autorin dieses Artikels, sie kocht und fotografiert in freier Mitarbeit für Mizzis Küchenblock neue Rezepte nach ihrer Wahl aus dem Hädecke-Programm. Im Frühjahr 2013 war sie in Vietnam unterwegs und berichtete wöchentlich von ihren kulinarischen Erlebnissen vor Ort.
Rezepte entnommen aus
Tom Vandenberghe
Vietnam Street Food
Kulinarische Reiseskizzen aus Hanoi und Vietnam
ISBN 978-3-7750-0620-0
1. Auflage, Klappenbroschur, 208 Seiten, 370 Farbfotos
18,00 € (D), 18,50 € (A)
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