Zugegeben: Ein Risotto-Fan war ich noch nie. Mir war es bis dato ein Rätsel wie es der italienische Reisbrei bei vielen Menschen zum Lieblingsessen geschafft hat. Zu fettig, zu klebrig und fest, zu mächtig, zu „schleimig“ – so endeten meine seltenen Risotto-Begegnungen in Restaurants. Geschmacklich waren sie okay, aber ich wurde die Konsistenz schnell leid. Das ist auch der Grund dafür, dass ich zu Hause noch keinen Versuch gewagt habe, einen eigenen Risotto zu kochen. Das soll sich ändern. Heute gebe ich dem Risotto noch mal eine Chance.
Fangen wir gleich mit den Risotto-Mythen an. Die Diskussionen um den ultimativen Risotto fängt bei der Reissorte an, geht über die Entscheidung ob Butter oder Olivenöl, die richtige Brühe oder doch lieber Wein, das geeignete Equipment, Dauerrühren oder eben gelegentliches Rühren bis hin zu der Frage der Serviermethoden.
Auch Franco Luise, der Autor des Buchs Risotto originale – Echt italienisch genießen, stellt in der Einleitung ein paar Risotto-Regeln auf. Sie werden aber nicht dogmatisch mit erhobenen Zeigefinger diktiert, sondern sind als Orientierungshilfe für blutige Risotto-Anfänger, wie mich, gedacht. Wer als Leser nicht erst das Internet nach der perfekten Risotto-Zubereitungsmethode durchforsten will, dem hilft die Einleitung des Buchs weiter. Ich habe natürlich beides gemacht und aufschlussreiche Risottolektüre bei bzw. von Katha, Eline und Claudio gefunden.
Beim Durchblättern des Buchs stoße ich neben den klassischen Risotto-Rezepten wie Spargelrisotto mit Taleggio (S. 10) oder Steinpilzrisotto mit Mascarpone (S. 46) auch auf andere aromatische Variationen wie Curryrisotto mit grünem Apfel (S. 26), gefüllte Gemüsepaprika mit Scampi-Risotto (S. 30) oder Safranreisbällchen mit geräuchertem Lachs und Joghurtcreme (S. 42).
Weil ich mich aber erst mal an die Risotti herantasten will, suche ich mir für den Anfang zwei simple Rezepte aus: Risotto mit Spinat und Parmesan, das mich auf dem Buchcover anlacht und Risotto all´amatriciana mit gut gereiftem Pecorino.
Das Spinatrisotto glückt mir, nachdem ich fast alle Anweisungen brav befolgt habe, in grade mal 30 Minuten. Ich lerne beim Kochen sogar ein paar Worte italienisch: „il sofritto“ nennt man das Anschwitzen der Schalotte in Butter oder Öl, bei der „tostatura“ kommt der Reis hinzu und nachdem die Reiskörner angebraten und glasig sind, wird er mit einem trockenen Weißwein abgelöscht. Während der „cottura“ köchelt der Risotto leise vor sich hin. Dabei wird immer heiße Brühe hinzugefügt, sobald die Flüssigkeit vom Reis aufgenommen wurde. Gelegentliches Rühren reicht vollkommen aus, wenn man einen Topf mit dickem Boden verwendet und darauf achtet, dass dem Reis immer ausreichend Flüssigkeit zugefügt wird. Kurz vor Schluss wird ein Teil des Spinats unter die Risottomasse gehoben und dann ist es auch schon fast geschafft. Weil ich’s nicht so mächtig mag, habe ich für die „mantecatura“, so wird im Italienischen das Verfeinern genannt, den Butterwürfel ausgelassen und nur etwas Olivenöl und Parmesan unter die Risottomasse gerührt. Fatto!
Schmeckt mir der Risotto? Ich teste direkt vom Kochlöffel: Die cremigen Reiskörner zergehen auf meiner Zunge, haben innen noch Biss, das kräftige Aroma des zerschmolzenen Parmesan breitet sich aus, übertönt dabei aber nicht den rohen Spinat. Bravo, so muss also ein Risotto schmecken!
Der zweite Risotto kommt diesmal rot und ein bisschen scharf daher. Die Amatriciana-Sauce wird normalerweise zur Pasta serviert, passt aber auch wunderbar zu Risotto. „Köstlich!“ urteilt sogar der Liebste, der das Spinatrisotto aufgrund des Fleischmangels verschmähte.
Das dritte Rezept habe diesmal nicht ich selbst getestet. Hesting hat sich via Facebook das Auberginenrisotto mit Ziegenkäse ausgesucht und trotz anfänglicher Schwierigkeiten eine eigene Freestyle-Version gezaubert. Danke Hesting!
An diesem Beispiel zeigt sich, dass man Risotto je nach Geschmack immer wieder anders aromatisieren und zubereiten kann. Im Buch finden sich Rezepte für alle Eventualitäten: Vom schnellen Teller, über ein gemütliches Familien- bis zum anspruchsvollen Gästeessen. Mit immer wieder unterschiedlichen Gewürzen und Kräutern, Gemüse, Meeresfrüchten und Fisch oder Fleisch, als Kuchen, Puffer oder Törtchen. Buon appetito!
Die folgenden Rezepte sind auf etwa zwei Liter Brühe oder Fond ausgelegt. Diese Menge reicht aus, um einen Risotto für vier Personen zuzubereiten. Etwa die Hälfte der Brühe bleibt übrig, sie kann im Gefrierschrank aufbewahrt und für weitere Risottos verwendet werden. Brühe auf Vorrat zuzubereiten erweist sich als strategisch klug: so kann auch im letzten Moment noch ein Risotto gezaubert werden.
Gemüsebrühe:
4 l Wasser
1 Karotte (geschält)
1 Zwiebel (geschält)
2 Stangen Staudensellerie
1 Zucchino
2 reife Tomaten
50 g Champignons
1 Handvoll frischer Spinat
100 g Lauch
2 Lorbeerblätter
5 weiße Pfefferkörner, zerstoßen
1 Bund Petersilie
Salz
- Gemüse waschen, von den Tomaten den Strunk entfernen. Gemüse in kleine Stücke schneiden. Alle Zutaten in einem Topf mit kaltem Wasser aufsetzen.
- Mit Lorbeerblättern, zerstoßenem Pfeffer, Petersilie und einer Prise grobem Salz würzen, zum Kochen bringen und gut eine Stunde köcheln lassen.
- Gelegentlich die an die Oberfläche gestiegenem Trübstoffe mit einem Schaumlöffel oder einem kleinen Schöpflöffel entfernen. Die Brühe zum Schluss durch ein feines Sieb gießen.
Während der „cottura“ köchelt der Risotto bei kleiner Hitze immer leicht vor sich hin. Heiße Brühe schöpflöffelweise hinzufügen; sie muss jeweils ganz vom Reis aufgenommen sein, bevor weitere Flüssigkeit nachgegossen wird. Wenige Minuten vor Ende der Kochzeit dem Risotto die Hauptzutaten hinzufügen (Fleisch, Fisch, Meeresfrüchte, bereits blanchiertes Gemüse, Ge würze usw.). Die Garzeit des Risottos beträgt etwa 18–20 Minuten und variiert je nach Qualität der verwendeten Reissorte. Darauf achten, dass dem Reis gegen Ende der Garzeit nicht zu viel Flüssig keit hinzugefügt wird.
Den Topf nach Ende der Garzeit vom Herd nehmen, der Reis sollte dabei noch deutlich bissfest sein, denn er gart durch die in Topf und Reis gespeicherte Hitze noch etwas nach! Kräuter (z. B. gehackte Petersilie) erst ganz am Schluss hinzufügen, um zu verhindern, dass sie durch die Hitze ihr intensives Grün verlieren.In vielen Büchern wird erwähnt, Risotto müsse immer gerührt werden. Dies ist meiner Meinung nach ein Mythos, der zustande kam, weil Risotto in unzureichendem Kochgeschirr schnell am Boden kleben bleibt und anbrennen kann. Wird jedoch ein Topf mit dickem Boden verwendet und auf eine ständige und ausreichende Zugabe von Flüssigkeit geachtet, ist dies nicht nötig.
Risotto mit Spinat und Parmesan
Zubereitung: 10 Minuten · Garzeit: 18–20 Minuten
100 g junger Spinat (mit kleinen und zarten Blättern)
60 ml natives Olivenöl
50 g Butter
4 EL Schalotten, fein gehackt (ca. 30 g)
300 g Reis
1 l Gemüsebrühe (Grundrezept s.o.)
50 g Parmesan, geriebenSalz und Pfeffer aus der Mühle
etwas Vinaigrette
- Spinat vorsichtig waschen, falls nötig die härteren Stiele entfernen. Eine Handvoll Blätter für die Garnitur beiseite legen.
- Im Risottotopf Schalotten in 2 EL Olivenöl mit einem kleinen Stück Butter anbraten. Reis hinzufügen und unter Rühren ein paar Minuten erhitzen, bis er glasig wird. Mit einem Kochlöffel heißer Gemüsebrühe ablöschen, nach und nach die restliche Brühe einarbeiten, bis der Reis „al dente“ ist.
Etwa fünf Minuten vor Ende seiner Garzeit die Spinatblätter und das restliche Olivenöl hinzufügen. - Risotto mit der restlichen Butter und dem Parmesan verfeinern und bei Bedarf mit etwas Salz und frisch gemahlenem Pfeffer abschmecken.
Risotto zum Servieren auf die Teller geben und mit in etwas Vinaigrette marinierten, frischen Spinatblättern belegen.
Der Kontrast zwischen kalt und heiß bzw. zwischen roh und gekocht, den man in diesem Rezept bei jedem Bissen schmeckt, ist interessant.Dieser Risotto kann auch mit etwas altem Aceto Balsamico beträufelt oder mit dünn gehobelten schwarzen Trüffelscheiben belegt werden.
Risotto all’ amatriciana mit altem Pecorino
Zubereitung: 40 Min. · Garzeit Amatriciana-Sauce: 15 Min. + Risotto: 18–20 Min.
1 kleine rote Zwiebel, geschält
3–4 EL natives Olivenöl (ca. 30 ml)
½–1 TL Chilischote/Peperoncini, feingehackt
150 g Bauchspeck, in dünne Streifen geschnitten, oder geräucherte Schweinebäckchen, gewürfelt
50 ml trockener Weißwein
200 g passierte Tomaten
1 kleiner Basilikumstängel
Salz
250 g Reis
3–4 EL natives Olivenöl (ca. 30 ml)
40 g Butter
ca. 1 l Hühner- oder Gemüsebrühe (Grundrezept Seite 6 und 7)
50 g alter Pecorino (italienischer Hartkäse aus Schafsmilch), davon 20 g gerieben und 30 g fein gehobelt
Salz und Pfeffer aus der Mühle
einige Basilikumblätter
- Zwiebel in sehr dünne Scheiben schneiden und in einem Topf mit Olivenöl und Peperoncini anschwitzen.
- In einer beschichteten Pfanne den Bauchspeck bei starker Hitze anbraten. Das überschüssige Fett abgießen, Speck mit Weißwein aufgießen und einkochen lassen.
- Pfanneninhalt zur Zwiebel in den Topf geben, passierte Tomaten und kleingezupftes Basilikum hinzufügen. Die Sauce ungefähr 15 Minuten kochen und mit wenig Salz abschmecken.
- Im Risottotopf Ölivenöl mit einem Stückchen Butter erhitzen und den Reis darin unter Rühren anbraten, bis er glasig ist. Mit der kochenden Brühe ablöschen und den Risotto wie oben beschrieben kochen.
- Nach 12–15 Minuten einen Großteil der Amatriciana-Sauce einrühren und den Risotto zu Ende kochen.
- Ist der Reis „al dente“, den Topf vom Herd nehmen und den Risotto mit der restlichen Butter und dem Pecorino verfeinern. Bei Bedarf mit wenig Salz und Pfè er abschmecken.
- Restliche Sauce, gehobelten Pecorino und ein paar Blätter Basilikum über dem Risotto verteilen und sofort servieren.
Diese Sauce wird normalerweise zur Pasta serviert, sie passt aber auch gut zu Risotto.
Bauchspeck kann auch durch rohen Schinken oder Salsiccia – eine grobe italienische Schweinswurst, die je nach Region unterschiedlich gewürzt ist – ersetzt werden.
Rezepte entnommen aus
Franco Luise
Risotto originale
Echt italienisch genießen
ISBN 978-3-7750-0631-6
1. Auflage, gebunden, 64 Seiten, 39 Farbfotos
12,95 € (D), 18,00 Fr. (CH), 13,40 € (A)
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