Und schon geht es weiter mit dem vierten und (hier bei Mizzis Küchenblock) vorerst letzten Teil der Kulinarischen Reisepost aus Vietnam. Weil es aber noch unglaublich viel zu erzählen gibt und ich meine 5000 Bilder (irre, oder?) nicht in den Tiefen meiner Festplatte versenken will, werde ich die Reihe in meinem persönlichen Blog Kulinarische Momentaufnahmen noch weiterführen.
Im heutigen Post mache ich die Garküchen Hoi Ans unsicher. Das Rezept meiner neuesten süßen Entdeckung habe ich natürlich auch in Tom Vandenberghes Buch Vietnam Streetfood, meinem treuen Reisebegleiter, wiederentdeckt: Che Bap bzw. Che Ngo Com. Aber lest selbst:
Obwohl die Wetteraussicht für den heutigen Tag Regen voraussagt, entscheiden wir uns die Fahrt von Hue nach Hoi An mit den Hue Riders zu machen. Tam und sein Bruder holen uns am Morgen mit zwei Motorrädern ab um uns über den Wolkenpass, die natürliche Grenze zwischen Süd- und Nordvietnam, zu fahren.
Wir brausen an der Küste entlang, beobachten alte Fischerdörfchen, hart arbeitende Frauen, die bis zu den Knien in saftig grünen Reisfeldern stehen, stoppen an Elephant Springs – einer kleinen Bergquelle – und kurven die geschlängelte Straße zum Pass hoch. Dicke dunkle Wolken am Himmel drohen jede Minute auszubrechen. Das Glück hat sich jedoch für uns und die Sonne entschieden, die prächtig hinter den Wolken auf die majestätisch grüne Berglandschaft herunter strahlt.
Obwohl der vietnamesische Verkehr für Europäer meist einem Albtraum gleicht, fühlen wir uns wohl und genießen das Panorama, die duftende Luft und das Gefühl von Freiheit (wer einmal in Indien war, den schockt so leicht nichts mehr… ). Gegen Mittag kommen wir in Da Nang an und halten bei Bun Cha Ca ( hier habe ich ein passendes Rezept gefunden), um genau diese zu essen: Würzige Fischsuppe mit Fischkuchen, Reis Vermicelli und Kräutern.
Was für ein Aroma: Das perfekte Zusammenspiel von Süß, Sauer und Scharf, zartes Fischfilet, Fischkuchen, knackige Kräuter und dazu natürlich Nuoc Mam (Fischsauce). Großartig!
Bun Cha Ca
109 Ngyen Chi Thanh
Da Nang
Nach unserer Pause dauert es auch gar nicht mehr lange, bis wir Hoi An erreichen. Das kleine Küstenstädtchen in Zentralvietnam ist bei vielen Reisenden beliebt und wird im Reiseführer als Highlight jeder Vietnam-Reise gehandelt. Wir sind mehr als gespannt!
Der erste Spaziergang läuft, wie soll es anders sein, Richtung Meer. Reisen ohne einmal im Meer planschen zu gehen, ist für uns halb so schön und deswegen freuen wir uns jedes Mal wie kleine Kinder auf den rauschenden, salzigen Ozean. Bevor wir diesen erreichen, machen wir Halt an einem kleinen blau gestrichenen Banh Mi Opla Stand und nehmen uns zwei Omlette-Banh-Mis als Strand-Proviant mit. Ich habe ja schon einige Male unsere Banh-Mi-Sucht erwähnt, aber dieses Eine, mit saftigem Omlette, frischer Tomate, Kräutern und der würzigen Chili-Sauce ist wirklich einmalig und wird das beste Banh Mi unserer Reise bleiben. Ich könnte darin baden, ehrlich!
Baden wollen wir aber im Meer, und das ist auch nicht mehr weit. Palmen, weißer Sand, Salzwasser, Kokosnüsse – was will man mehr? Nichts! Und deswegen machen wir für den Rest des Tages auch nicht mehr als in der Sonne zu liegen, in die Wellen zu springen und endlich mal unsere Reiselektüre zu lesen.
Am Abend spazieren wir durch die von leuchtend bunten Lampions erhellten Gassen der Altstadt. Ein Souvenirladen folgt dem nächsten, aber trotzdem liegt hier eine ganz besondere Atmosphäre in der Luft.
An den Ufern des Flusses liegt ein kleines Boot, auf dem Com Ga (Hühnchen mit Reis) und Cao Lau (eine Spezialität aus Hoi An s.u.) angeboten werden. Wir steigen über ein knarzendes Brett ins Boot ein, bestellen Bier und eine Portion Cao Lau, die wir uns gemeinsam teilen. Der Kellner, der gleichzeitig Koch, Kapitän und fürsorglicher Familienvater ist, macht sich sofort an die Arbeit. Die beiden Kinder, ein kleines Baby und seine große Schwester, überreichen uns strahlend die Getränke und spielen danach wieder liebevoll miteinander. Die Familie wohnt scheinbar auf dem Boot und wir sitzen gerade in ihrem Wohnzimmer und werden bewirtet.
Vor uns steht ein paar Minuten später eine dampfende Portion Cao Lau: Eine Schüssel gefüllt mit dicken Reisnudeln, Salat und Kräutern, Schweinefleisch, Garnelen, zwei Wachteleiern, Erdnüssen, Krabbenbrot und einer würzig süßlichen Brühe. Unbeschreiblich gut!
Nachdem wir unser Bier ausgetrunken haben, schlendern wir zur japanischen Brücke und entdecken gleich daneben eine kleine Garküche. Hier köchelt in großen blechernen Töpfen das milchreisähnliche Che Bap (Mais in Kokosmilch) vor sich hin. In windeseile ist eine Portion bestellt und genauso schnell ist diese auch wieder aufgegessen. Das Kokosaroma tritt hier ganz besonders in den Vordergrund, der Mais verleiht dem Brei eine leichte Popkorn-Note. Ein ähnliches Rezept dazu habe ich auch in Tom Vandenberghes Buch Vietnam Street Food entdeckt und das muss ich zu Hause unbedingt nachkochen: Che Ngo Com (Junger grüner Reis mit Mais und Kokosmilch). Der junge grüne Reis war in meinem Che Bap bzw. Che Ngo Com nicht zu finden, was wohl an der Jahreszeit liegen mag (den gibt es nämlich nur im August nach der Reisernte).
Chè Ngô Cốm – Junger grüner Reis und Mais mit Kokosmilch
Tom Vandenberghe schreibt: „Grüner Reis oder Com gehört zu meinen jüngsten Entdeckungen in Vietnam. Da ich Hanoi bisher immer im Februar besucht hatte, war mir dieses Gericht bisher noch nie aufgefallen. Mein Freund Lit führte mich zu einer alten Dame, die bekannt dafür war, Com zuzubereiten.“
Zutaten
1 Maiskolben
Wasser
100 g Zucker
3 EL Maniokmehl (ersatzweise Speisestärke)
400 g junger grüner Reis (Com)
100 ml dünne Kokosmilch
100 ml gesüßte Kondensmilch
1 Prise Salz
Eiswürfel (wahlweise)
Zubereitung
- Maiskolben gründlich waschen und putzen. Wasser im Topf zum Kochen bringen, Maiskolben darin bissfest garen. Maiskörner vom Kolben lösen und fein hacken.
- Den fein gehackten Mais in 1 l Wasser zum Kochen bringen. Zucker hinzufügen. Sobald der Zucker aufgelöst ist, die Hitze reduzieren.
- 2 EL Maniokmehl und 3 EL kaltes Wasser in einem Schälchen glattrühren. Die Mischung unter ständigem Rühren zum Mais geben, sodass eine dickliche Masse entsteht.
- Die Masse auf 70 °c abkühlen lassen und dann den jungen grünen Reis vorsichtig unterrühren. Falls nötig, die Masse erneut auf 70 °C erhitzen, bis der Reis bissfest ist.
- Erneut 100 ml Wasser zum Kochen bringen, Kokosmilch und Kondensmilch zugießen. In einem Extra-Schälchen 1 EL Maniokmehl und 2 EL wasser mischen und unter ständigem Rühren in die Masse geben. Mit 1 Prise Salz würzen.
- Zwei Teile der Reis-Mischung und einen Teil der Kokosmischung in eine Schüssel füllen.
- Warm oder kalt servieren. Eventuell noch Wiswürfel hinzufügen.
Die nächsten Tage lassen wir uns ein wenig treiben. Meer, Strand und Sonne sind an der Tagesordnung. Zwischendurch lassen wir uns Kleider und Anzug schneidern, darunter ist auch ein Ao Dai – das traditionelle vietnamesische Gewand. Die Abende verbringen wir in der atmosphärischen Altstadt und testen die lokalen Spezialitäten in Garküchen: Com Ga (Reis mit Huhn), Dau Hu (süßer Seidentofu), Ban Beo (Teigknödel mit Fleischfüllung), Mi Quang (gelbe Reisnudeln mit Fleisch, Garnelen, Kräutern und Fischsauce)… Der Streetfood-Himmel auf Erden!
Am vorletzten Tag unseres Aufenthalts in Hoi An lässt uns die Sonne im Stich, es schüttet aus Eimern auf uns herab. In der Altstadt finden wir ein kleines charmantes Café, indem wir Stunden verbringen und dicken schokoladigen „White Coffee“ schlürfen, der mit einer zuckersüßen Kaffeemilch serviert wird (so ähnlich wie Milchmädchen). Der Regen prasselt in den offenen Innenhof, wir sitzen im Trockenen, lesen unsere Bücher und zwischendurch erfrischen wir uns mit unglaublich süßem Passionfruchtsaft. Schmeckt ein bisschen wie Nimm 2 – nur viel besser und natürlicher. Das war der bisher aromatischste Saft meines Lebens.
Tiem-Ca-Phe
69/3
Phan Chau Trinh
Hoi An
Noch am Abend geht unser Nachtzug von Hoi An nach Ho Chi Minh City und von da aus reisen wir weiter nach Kambodscha. Diesmal haben wir sogar Plätze im Hardsleeper ergattern können, doch die Fahrt soll nicht annähernd so entspannt verlaufen, wie unsere vorherige Fahrt von Hanoi nach Hue.
Mehr davon könnt ihr dann in meinem persönlichen Blog Kulinarische Momentaufnahmen lesen. Hier werde ich die Kulinarische Reisepost aus Vietnam weiterführen – vier Blogeinträge reichen einfach nicht aus um all die Eindrücke unserer vierwöchigen Reise in Worte zu fassen.
Das Buch Vietnam Street Food von Tom Vandenberghe war bis zuletzt immer eine große Hilfe im Wirrwarr der Garküchen und deren vielfältigen Gerichten. In Hanoi waren es die zahlreichen Adressen der Straßenlokale und Garküchen, die mich bzw. uns sehr begeistert haben und die wir uns auch für den Rest Vietnams gewünscht hätten. Daneben war das Buch immer gut zum Nachschlagen, wenn ich z.B. mal wieder dem Namen eines Gerichts vergessen hatte (das war gar nicht so leicht – am Ende klang in meinen Ohren so vieles sehr ähnlich). Und es ist schön zu wissen, dass ich mir mit den Rezepten im Buch immer wieder ein kleines Stückchen unserer Vietnam-Reise in die eigene Küche holen kann. Und nicht nur das – ich kann sogar noch einige Gerichte neu entdecken, denn selbst in vier Wochen Vietnam habe nicht annähernd alle Köstlichkeiten essen können, die in diesem großartigen Buch zu finden sind!
Ariane ist Autorin dieses Artikels, sie kocht und fotografiert in freier Mitarbeit für Mizzis Küchenblock neue Rezepte nach ihrer Wahl aus dem Hädecke-Programm. Im Frühjahr 2013 war sie in Vietnam unterwegs und berichtete wöchentlich von ihren kulinarischen Erlebnissen vor Ort.
Tom Vandenberghe
Vietnam Street Food
Kulinarische Reiseskizzen aus Hanoi und Vietnam
ISBN 978-3-7750-0620-0
1. Auflage, Klappenbroschur, 208 Seiten, 370 Farbfotos
18,00 € (D), 18,50 € (A)