Nachgekocht
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Nachgekocht: Von Wasserlilien und Khmer-Currys


Unsere Reise nach Vietnam und Kambodscha kommt mir wie eine Ewigkeit vor, dabei sind wir seit gerade mal zwei Monate wieder zurück in Berlin. Der Alltag hatte uns schnell wieder im Griff und lässt die Erinnerungen an unser kleines Abenteuer immer mehr verschwimmen. Dagegen gibt es aber ein gutes Mittel: Duft und Geschmack sind bekanntlich eng mit Erinnerungen verknüpft – und so können wir unsere Reiseerinnerungen ganz einfach mit dem Geschmack Vietnams und Kambodschas aufleben lassen.

Wasserlilien und Khmer-Currys, das Buch, das ich euch heute vorstelle, hat genau das geschafft. Die fast unentdeckte Küche des kleinen Königreichs zwischen Thailand und Vietnam bekommt auf 168 bunt bebilderten Seiten eine eigene Bühne und beweist, dass sie trotz Gemeinsamkeiten ganz eigenständig und losgelöst von ihren beiden Nachbarländern ist.

Entstanden ist das Buch aus einem Ausbildungsprojekt der Hilfsorganisation Friends International: Im Restaurant Romdeng in Phnom Penh, werden ehemalige Straßenkinder in der Küche ausgebildet und lernen ihr kulinarisches Erbe, die Speisen der verschiedenen kambodschanischen Provinzen, zu bewahren. Das Buch wurde als „Bestes Asiatisches Kochbuch“ und „Bestes Fundraising Kochbuch“ mit dem Gourmand World Cookbook Award 2009 ausgezeichnet. Von jedem verkauften Buch gehen € 5,– als Spende an Friends-International und damit an die Hilfsprojekte für Straßenkinder in Asien.

Sehnsuchtsküche – denke ich beim ersten Blätter durchs Buch. Der Duft von Kaffirlimettenblättern, Zitronengras, Galgant, Prahok und Mango strömt mir entgegen, als ich die Einleitung betrachte, in der „Merkwürdige Früchte und ungewöhnliche Aromen“ aufgelistet und vorgestellt werden. Wie gern würde ich jetzt über den Phsar Thmei, den Zentralmarkt Phnom Penhs, schlendern und all die exotischen Gemüsesorten, Früchte, Kräuter, Wurzeln und Gewürze in meinen Einkaufskorb packen. Hier in Berlin bleibt mir nur der nächste Asia-Supermarkt, aber ob ich da Slack Klang, Wintermelone und Sägeblattkraut bekomme, ist fraglich. Ich komme ins Straucheln: Ist dieses Buch für die Einkaufsbedingungen in der westlichen Küche geeignet? Wird es am Ende wirklich wie in Kambodscha schmecken?

Ja, wird es. Am Ende jeder vorgestellten exotischen Zutat wird nämlich eine Ersatzzutat, die man auch in westlichen Supermärkten erhält, vorgestellt. Und obwohl zwischen Berlin und Phnom Penh 12.341 km liegen, kann ich den Geschmack Kambodschas auch in meiner eigenen Küche genießen. Ich muss zugeben: Die Atmosphäre und tropischen Temperaturen haben gefehlt, aber ich hatte zum ersten Mal das Gefühl, endlich diesen einen besonderen Geschmack eingefangen zu haben, den ich nach jahrelangen asiatischen Kochens nie gefunden habe.

Das Buch ist aufgeteilt in Suppen und Currys, Gegrilltes, Gedämpftes, Gebratenes und Frittiertes und Desserts und Getränke. Die großzügigen Bilder lassen hinter die Kulissen des Restaurant Romdeng blicken, zeigen das Leben der Ausbildungsköche und authentische Ausschnitte der kambodschanische Hauptstadt: bunte Marktszenen, dampfende Kochtöpfe und vollgestopfte Straßen.

Nun zu den Rezepten: Von Kampot-Reisnudelsalat mit Kokos-Limettenvinaigrette, Salat aus gegrillten Gemüsepaprika mit Sesamdressing, Fischeintropf mit Palmzucker, Tomaten und Galgant über Gegrillte Auberginen mit Schweinehack und Koriander, gebratener Kürbis mit würzigem Basilikum bis hin zu Reiskokospudding mit tropischem Obstsalat und Bananenshake mit Erdnüssen bekommet man eine vielfältige Mischung der kambodschanischen Esskultur geboten.

Beim Nachkochen hielt ich mich in den Kapiteln Suppen und Currys sowie Gedämpftes auf: Es gab (natürlich) das Nationalgericht Fisch Amok in Bananenblättern und eine abgewandelte Form des muslimischen Khmer-Rindercurrys.

Die Bananenblätter-Körbchen-Herstellung stellte meine Geduld etwas auf die Probe, ich hab’s einfach nicht kapiert. Auch nachdem ich das halbe Internet nach Videos durchforstete, war ich nicht schlauer. Am Ende habe ich mir einfach meine eigene Version der Körbchen ausgedacht. Die sind doch fürs erste Mal ganz gut geworden, oder? Das Auge isst zwar mit, aber der Geschmack ist noch wichtiger: Auch ohne Mekong-Fischfilets ;) und Amokblätter war es dem in Phnom Penh gegessenen Vorbild sehr ähnlich. Amok, die geheimnisvolle Gewürzmischung, verleiht dem Gericht seine ganz besondere Note: Zitronengras, Kaffirlimettenblätter, Galgant, Kurkuma, Chili und Ingwer sind ihre Hauptdarsteller.

Kambodschas berühmtes Fisch-Amok in Bananenblättern

Für 4 Portionen

Zutaten

12 EL Zitronengraspaste* (s.u.)
2 EL Chilipaste* (s.u.)
250 ml Kokoscreme
2 EL Fischsauce
8 Kaffirlimettenblätter*, in dünne Streifen geschnitten (Chiffonade)
2 EL Palmzucker
Salz nach Geschmack
600 g Mekong-Fischfilets oder ein anderer festfleischiger Fisch (z.B. Wolfsbarsch oder Snapper), in große Würfel geschnitten
1 Handvoll ganze Amok-Blätter**
8 Bananenblätter für die Körbchen

Zum Garnieren

4 EL Kokoscreme
rote Chilischoten, entkernt, in längliche Ringe geschnitten

Zubereitung

  1. In einer Schüssel Zitronengras- und Chilipaste vermischen. Kokoscreme, Fischsauce, die Hälfte der Limettenblätter, Palmzucker und Salz zugeben und gut verrühren. Den Fisch in dieser Marinade mindestens eine Stunde ziehen lassen.
  2. Jeweils zwei Bananenblätter zu einem Körbchen formen, Amok-Blätter unten in die Körbchen legen und die Fischmischung darauf geben.
  3. Das Amok etwa 10 Minuten dämpfen (z.B. im Bambus-Steamer), bis der Fisch gar ist. Mit Kokoscreme, den restlichen fein geschnittenen Limettenblättern und Chili garnieren.

Herstellung der Körbchen:

  1. Die Bananenblätter auf eine ovale Form zuschneiden und an einem Ende die Ecken aufeinander falten, damit ein Dreieck entsteht. Die Spitze des Dreiecks zur Mitte hin umknicken und mit zwei Zahnstochern feststecken. Mit dem anderen Ende genauso verfahren.

Die Körbchen sind nicht ganz einfach in der Herstellung, doch sie sind die Mühe wert, weil das Bananenblatt dem Amok noch ein ganz besonderes Aroma verleiht.

Anmerkung von Jule: Die Anleitung schriftlich umzusetzen ist tatsächlich nicht ganz einfach – auch ich hatte beim Lesen Probleme, das eindeutig zu identifizieren, sobald ich es aber einmal gesehen hatte, fiel mir keine eindeutigere Erklärung ein… Kommende Woche habe ich die Gelegenheit, Bananenblätter zu besorgen und werde versuchen, das in einem kurzen Video festzuhalten. Bis dahin gibt es ein Übergangsvideo, das ich gefunden habe – allerdings wird hier das Bananenblatt mit einem Schnellhefter verarztet. Also bitte nicht 1:1 nachmachen ;)

Tipp:
Vegetarier können den Fisch durch Tofu und Pilze ersetzen und die Fischsauce durch eine hochwertige, vegetarische Sojasauce.

Zitronengraspaste

ergibt etwa 250 g

Zutaten

200 g junge Zitronengrasstiele (etwa 15 Stück), in Ringe geschnitten
1 EL Galgant, geschält und klein gehackt
2 EL frisches Kurkuma, geschält und klein gehackt
4 Kaffirlimettenblätter, in dünne Streifen geschnitten
4 Knoblauchzehen, halbiert
½ Kaffirlimette, Schalenabrieb
1 EL Krachai / Fingerwurz, geschält und klein gehackt

Zubereitung

  1. Mit Hilfe eines Mörsers das Zitronengras zu einer Paste zerreiben, die restlichen Zutaten zugeben und weiter mit dem Stößel bearbeiten, bis alles gut miteinander vermischt ist. Diese Paste hält sich im Kühlschrank lediglich einen Tag.

Chilipaste

ergibt etwa 200 g

Zutaten

200 g getrocknete und entkernte große Chilischoten (nicht zu scharf)
500 ml warmes Wasser
1 EL Sonnenblumenöl

Zubereitung

  1. Die Chilischoten 5 Minuten im Wasser einweichen. Abtropfen lassen und möglichst viel Wasser herausdrücken. Zu einer Paste zerkleinern.
  2. Das Öl in einem Wok erhitzen, die Chilipaste hineingeben und bei mittlerer Hitze 2 bis 3 Minuten dünsten, bis sie aromatisch duftet.
  3. Abkühlen lassen und in einem Glas mit Schraubverschluss verwahren. Die Paste hält sich etwa eine Woche im Kühlschrank.

Das Muslimische Rindercurry musste ich etwas abwandeln, weil ich vergessen hatte rote Thai-Currypaste zu kaufen. Als Ersatz diente grüne Thai-Currypaste. Das Ergebnis war visuell und geschmacklich etwas anders, hat mit den Zutaten aber einen wunderbar aromatischen Geschmack ergeben. Die Beschreibung der Zubereitung hat den Mitkocher und mich etwas verwirrt: Mir ist nicht wirklich klar, wie man die Gewürze und das Rindfleisch in der Kokosmilch anbraten soll – bei mir hat es einfach mitgekocht und die Gewürzmischung habe ich dann separat in einer beschichteten Pfanne angebraten. Ein bisschen Improvisation ist gefragt, aber wenn man davor nicht zurückschreckt bekommt man eine kleine geschmackliche Offenbarung serviert.

Anmerkung Jule: Das „anbraten“ im Text wird sich vermutlich am dort verwendeten Kochgerät orientieren. Im Wok ist die Hitze ja mitunter noch so groß, dass es eher brät als kocht. Bei der kommenden Auflage werden wir das direkt für europäische Topfverhältnisse korrigieren. Hier habe ich den Zubereitungstext bereits für unsere Leserinnen und Leser angepasst:

Muslimisches Khmer-Rindercurry

„Samloh kari saramann“ · für 4 Personen

Zutaten

600 g Rinderhüfte, in große Würfel geschnitten
3 EL Ingwer, geschält und zerrieben (Saft aufheben)
2 EL frische Korianderwurzel, zerrieben (Saft aufheben)
1 Sternanis, geröstet
1 TL Koriandersamen
8 asiatische Schalotten, braun gegrillt
4 Knoblauchzehen, braun gegrillt
600 ml Kokosmilch
3 EL Chilipaste (s.o.)
12 EL Zitronengraspaste (s.o.)
1 EL Garnelenpaste
2 EL rote Thai-Currypaste
6 EL Palmzucker
2 EL Fischsauce
3 l Rinderbrühe
2 TL vietnamesisches Currypulver
4 EL geröstete Erdnüsse, klein gehackt
8 Kaffirlimettenblätter, in große Stücke gehackt
Salz nach Geschmack

Zum Garnieren

rote Chilischoten, entkernt und in Julienne-Streifen geschnitten

Zubereitung

  1. Das Rindfleisch eine halbe Stunde im Saft des zerriebenen Ingwers und Korianders marinieren. Sternanis und Koriandersamen in einem großen Mörser fein zerkleinern. Die asiatischen Schalotten und den Knoblauch dazugeben, zu einer Paste zerreiben und beiseite stellen. In einem Topf 500 ml Kokosmilch aufkochen und auf die Hälfte reduzieren.
  2. Palmzucker, Fischsauce, Sternanis, Chili-, Zitronengras-, Garnelen- und rote Currypaste in eine beschichtete, erhitzte Pfanne geben und anbraten bis die Mischung duftet.
  3. Das Rindfleisch zugeben und unter Rühren etwa 2 Minuten scharf anbraten. Danach alles in die Kokosmischung geben, Brühe zugießen, aufkochen, das Currypulver zufügen und etwa anderthalb Stunden köcheln lassen, bis das Fleisch zart ist.
  4. Die restliche Kokosmilch, die Erdnüsse und die Hälfte der Limettenblätter zugeben und weitere 5 Minuten köcheln lassen. Mit Salz abschmecken, mit den restlichen Limettenblättern und Chili garnieren und Brot dazu reichen.

Info:
Dieses Gericht wird in Kambodscha häufig bei muslimischen Hochzeiten serviert und schmeckt am nächsten Tag aufgewärmt sogar noch besser.

Hätte ich das Buch und das dahinterstehende Projekt vorher gekannt, so hätte ich dem Romdeng auf jeden Fall einen Besuch abgestattet. Mit dem Buch kann meine kulinarische Entdeckungsreise des Landes in der heimischen Küche aber trotzdem weitergehen

Zusatzinfos Zutaten

*Kaffirlimettenblätter
Die dunklen, glänzenden Blätter verströmen ein intensives und säuerliches Zitrusaroma. Sie werden hauptsächlich für Suppen oder in dünne Streifen geschnitten für Salate verwendet.
Ersatzweise lässt sich die Schale von Kaffirlimetten oder naturbelassenen Limetten verwenden.

**Amok-Blätter
Die jungen Blätter des Amokbaums werden auch noch als Nhor-Blätter bezeichnet. Sie besitzen ein leicht bitteres Aroma und werden für das berühmte kambodschanische Amok verwendet oder in der Provinz Battambang zum Einwickeln von fermentiertem Fisch.
Als Ersatz können Spinatblätter dienen.

Kambodscha Cover

Rezepte entnommen aus
Kambodschanische kreative Küche – Von Wasserlilien und Khmer-Currys
Herausgeber: Friends-International
ISB 978-3-7750-0543-2
gebunden mit Schutzumschlag, 168 Seiten, 244 Farbfotos
29,90 € (D), 36,00 Fr. (CH), 30,80 € (A)

 

Ariane

Ariane ist Autorin dieses Artikels, sie kocht und fotografiert in freier Mitarbeit für Mizzis Küchenblock neue Rezepte nach ihrer Wahl aus dem Hädecke-Programm.

 

 

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